Jeder Kölner kennt die Poller Wiesen. Auf der berühmten „Schäl Sick“ gelegen, ist hier einer der besten Abenteuerplätze für die Hundefreunde Kölns. Zu jeder Tages- und Nachtzeit findet sich hier immer ein Hund mit seinem menschlichem Begleiter, der am nahegelegenen Rhein seine Runden dreht, sei es morgens um 5 Uhr kurz vor der Schicht, oder abends um 23 Uhr als Gute-Nacht-Runde.
Die Hundewiese war für Berry und mich ein tägliches Ritual. Schnell lernten wir andere nette Hunde und deren Besitzer kennen. Paula, die Boxerhündin mit Rudi, Herkules, den Münsterländer mit Sabine, die Berner-Sennen-Hündin Tammy mit Julia und Werner. Es war ein harmonisches Miteinander, das wir zu jeder Tageszeit genossen. Egal ob bei strömendem Regen oder bei beeindruckenden Sonnenuntergängen am Rheinufer, bei einem kleinen Picknick mit selbstgebackenen Leckereien oder einem Smalltalk unter Gleichgesinnten. Schnell wuchsen Menschen und Hunde hier zusammen. Für mich waren es Stunden des Loslassens und Entspannens, die ich nicht mehr missen wollte. Berry war hier in seinem Element und genoss das Spielen und Toben mit den neu gewonnen Freunden.
Eines Tages sah er am Horizont drei Schafe und trotz aller Versuche ihn zu stoppen, rannte er los, als sei wieder mal der Teufel hinter ihm her. Dazu muss ich sagen, dass wir hier auf den Wiesen bisher komplett verschont geblieben waren von Berrys Jagdeskapaden. Es kam ein ähnliches Gefühl auf wie vor ein paar Wochen, als Berry die Autobahn zum Jagdterrain erkoren hatte. Diesmal ohne Angst um Berry, aber mit Angst um die Schafe. Ich hatte die Tiere zunächst nicht bemerkt. Erst durch Berrys zielstrebiges Losstürmen schaute ich in ihre Richtung und sah sie mit Berry auf den Fersen galoppierend um die Ecke verschwinden. Als ich mich näherte, bot sich mir ein Bild wie in einer der besten Szenen aus „Ein Schweinchen namens Babe“. Mein Berry, der gehorsamste und liebste Hütehund von allen, saß vor einer Herde von mehr als 100 Schafen, die im Kreis formiert standen. Weit und breit war kein Schäfer zu sehen. Die Passanten erzählten mir, dass Berry die Herde ein paar Mal umrundet hatte und die Schafe sofort gecheckt hatten, dass hier ein Profi am Werk war. Alle Schafsaugen waren auf Berry gerichtet. Er saß lässig einige Meter entfernt, den Blick in Richtung Herde, sodass kein einziges Schaf sich traute einen Fluchtversuch zu unternehmen. Auf einmal kam der Schäfer mit einem kleinen Suzuki-Jeep und zwei Hunden angefahren. „Guter Hund“, sagte er, einen Grashalm kauend. Die Schafe hatten im Morgengrauen das nahegelegene Nachtlager unerlaubt verlassen. Seine Hunde nickten Berry kollegial zu und legten sich in die Morgensonne. Sie hatten Feierabend für heute.