Zu jener Zeit lebte ich wieder bei meinen Eltern in Hermülheim, in dem Haus mit dem großen Garten und dem typischen Jägerzaun. Ich hatte die Situation vollkommen unterschätzt. Als ich mit Sandra vor der Tür stand, traf ich unerwartet auf Widerstand. Meine Eltern machten mir deutlich, dass der Hund nicht ins Haus durfte – es gab weder Raum für Sandra noch für Diskussionen. Glücklicherweise war es Sommer, denn ich entschied mich, an diesem schicksalhaften ersten Tag mit Sandra in meinem Opel Rekord am nahegelegenen Otto-Maigler-See in Gleuel zu übernachten.
Am zweiten Tag versteckte ich Sandra heimlich in der Garage. Am dritten Tag gaben meine Eltern auf. Sandra schlief ab diesem Zeitpunkt neben ihrem Bett. Meine Mutter hatte schlichtweg Angst vor einem erneuten Verlust eines geliebten Tieres gehabt. Sandra wurde in Rekordzeit ein vollwertiges Mitglied unserer Familie. Mein Vater ging Sonntagmorgens mit ihr um den Block spazieren, um anschließend in die nahegelegene Burgschänke zum Frühschoppen einzukehren. Dies wurde zu einem festen Ritual für die kommenden Jahre. Meine Mutter hingegen war für das Futter und die Schönheitspflege zuständig. Sandra verputzte große Mengen und ihr langes Fell verlangte nach sehr viel Pflege. Endlich hatte meine Mutter jemanden zum Kämmen, Füttern und Versorgen gefunden.
Sandra und mich verband eine tiefe Freundschaft. Es war selten nötig, sie an der Leine zu führen, denn sie blieb stets an meiner Seite, wenn wir gemeinsam auf Entdeckungstour gingen. Wir genossen die Ausflüge in die Wälder, in die nahegelegene Eifel und nach Holland ans Meer. Sandra war eine ausgesprochene Wasserratte. Es war unkompliziert sie mitzunehmen und sie zog mit ihrem einnehmenden Wesen die Aufmerksamkeit aller Menschen auf sich, als wäre sie direkt aus der Welt von Oz entsprungen.
Oft saß ich mit ihr auf der Hundedecke im Flur und weinte manche Träne in ihr Fell. Sie war mein Anker im kühlen Elternhaus, das einerseits ablehnend, andererseits erdrückend und klammernd war. Ich fand bei ihr tatsächlich die Liebe und Nähe, nach der ich mich immer gesehnt hatte.
Wie ein schwedisches Sprichwort sagt: „Den som har en hund har alltid sällskap.“ (Wer einen Hund hat, hat immer Gesellschaft.)“